Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen und die praktische Anwendungen desselben : für Chemiker, Physiker und Zuckertechniker / von H. Landolt.
- Landolt, H. (Hans), 1831-1910.
- Date:
- 1879
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Credit: Das optische Drehungsvermögen organischer Substanzen und die praktische Anwendungen desselben : für Chemiker, Physiker und Zuckertechniker / von H. Landolt. Source: Wellcome Collection.
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![Es existiren vielmehr zahlreiche Fülle, wo Substanzen trotz asymme- trischer C-Atome dennoch kein Drehungsvermögen besitzen, und hier werden fernere Untersuchungen entscheiden müssen, ob ihre Iuactivität sich auf die früher genannten Ursachen zurückführen lässt. Aber selbst wenn dies nicht gelingt und es sich im Weiteren ergeben sollte, dass die Asymmetrie der Kohlenstoffatome nicht die einzige, sondern nur eine der Bedingungen zum Entstehen der Activität ist, würden dennoch die beiden obeu genannten Sätze, falls kein widersprechendes Beispiel ent- deckt wird, für die Chemie von erheblichem Werthe sein, indem sie nicht nur eine Controle der activen Substanzen erlauben, sondern auch bei Aufstellung der Structurformeln bestimmte Anhaltspunkte abgeben können. §. 15. Künstliche Darstellung activer Substanzen. Die Kohlenstoff- verbindungen, bei welchen mau optische Activität beobachtet hat, sind sämmtlich Körper, welche entweder unmittelbar im Pflanzen- oder Thier- organismus auftreten oder von denselben durch einfache chemische Zer- setzungen abstammen. Manche solcher Substanzen lassen sich künstlich hersteilen, aber wenn auch alle chemischen Eigenschafteu und somit die Constitution dieser Producte übereinstimmend ist mit derjenigen der natürlichen Verbindungen, zeigt sich immer ein Unterschied in Bezug auf das optische Drehuugsvermögen. Die durch directc Synthese aus inactiveiu Materiale erhaltenen Körper haben sicli bis jetzt stets als in- activ erwiesen. Diese Inactivität der künstlichen Producte kann nach den früheren Erörterungen eine bloss scheinbare, d. h. latente sein, und auf folgenden Ursachen beruhen, welche zugleich die Wege zu der fraglichen Auf- hebung derselben andeuten. 1. Bei der künstlichen Bildung entsteht der Wahrscheinlichkeit nach stets eine gleiche Anzahl rechts- und liuksactiver Molecüle, welche sich miteinander vermischen oder verbinden, und so optische Neutralität hervorbringen. Ein Fall dieser Art ist von Jungfleisch *) nachgewiesen worden, indem es demselben gelang, Aethylen durch die Zwischenproducte Aethylenbromid, Aethylencyanid, Bernsteinsäure und Dibrombernsteiusäure iu Traubensäure umzuwandeln, welche sich durch Kristallisation ihres Natronammouiaksalzes iu Rechts- und Linksweinsäure zerlegeu liess. Dies ist bis jetzt das einzige Beispiel einer künstlich dargestellten activen Substanz, wobei aber beachtet werden muss, dass das direct durch die Synthese erhaltene Product, die Traubensäure, kein Drehuugsvermögen zeigt i) Jungfleiscli, Bull. soc. chim. [2] 19, 194. Compt. rentl. 76, 286. — 2) Pasteur (Compt. rencl. 81, 128) lässt diesen Fall nicht gelten; er beharrt darauf, dass bis jetzt noch keine active Substanz aus einer inactiven erzeugt worden sei, und daher das optische Drehuugsvermögen noch immer einen be- stimmten Unterschied zwischen den natürlichen und den künstlichen orga- nischen Verbindungen bilde.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b28125940_0046.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)