Lehrbuch der gerichtlichen Psychopathologie : mit Berücksichtigung der Gesetzgebung von Österreich, Deutschland und Frankreich / von R. von Krafft-Ebing.

  • Richard von Krafft-Ebing
Date:
1892
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Credit: Lehrbuch der gerichtlichen Psychopathologie : mit Berücksichtigung der Gesetzgebung von Österreich, Deutschland und Frankreich / von R. von Krafft-Ebing. Source: Wellcome Collection.

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    stisch, literarisch), in lasterhafter Lebensführung, in sittlicher und geinüth- licher Verschrobenheit, socialer Unverträglichkeit. Als anatomische Substrate der krankhaften Veranlagung (Belastung) des Centrainervensystems werden hier vielfach gefunden: 1. Abweichungen vom Bildungstypus, d. h. teratologische Missbildungen durch Störungen im fötalen Wachsthum, Fehler der ursprüng- lichen Anlage auf Grund in ihren Bedingungen unbekannter, aber bei Hereditariern auffallend häufiger Hemmungen der Entwicklung. a) Makroskopisch: a) Anomalien der Windungen des Gehirns, aber durchaus nicht immer atavistisch, individuell vielmehr eigen- artig; ß) Anomalien des Gefässbaums, der Anordnung von Arterien, Venen und Lymphbahnen und damit Disposition zu Circulationsstörungeny) relatives Missverhältniss zwischen Hirn- einer- und Herz- und Gefässentwicklung andererseits (zu kleines Herz, zu enge Gefässe). b) Mikroskopisch: Stehenbleiben der Ganglienzellen auf fötaler Entwicklungsstufe, Agenesie von Faserbündeln, mangelhafte Entwicklung der Markscheide (Arndt). 2. Agenesien und Aplasien von Gehirntheilen durch fötale Er- krankungen und Traumen während der Geburt, deren Residuen oft in Gestalt von Athetose, Chorea, Strabismus, Paresen von Muskelgruppen u. s. w. nachzuweisen sind. 3. Schädel- und Gehirnanomalien durch Rachitis u. a. infantile Er- krankungen. Es sind also wesentlich dieselben anatomischen Vorgänge, die bei intensiverer Einwirkung Wachsthumshemmung des Gehirns bewirken. Klinische Uebersicht: Die klinische Erscheinungsweise dieser Zustände ist eine überaus mannigfaltige. Nur eine synthetische Betrachtungsweise, mit Ver- werthung nicht bloss psychologischer, sondern auch wesentlich anthropologischer, all- gemein cerebralpathologischer und klinisch psychologischer Thatsachen, kann jenen gerecht werden. Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass bei solchen krankhaft orga- nisirten Existenzen das centrale Nervensystem der locus minoris ist, abnorm an- spruchsfähig und erschöpf bar erscheint und dass die cerebralen Vorgänge, mit Ein- schluss der psychischen, theils mit krankhafter Stärke, theils in verkümmerter oder perverser Weise zu Tage treten. In ätiologischer Hinsicht ist geltend zu machen, dass solche Existenzen meist von geisteskranken, nervenkranken, charakterologisch abnormen oder trunk- süchtigen Erzeugern abstammen, oder dass in frühen Lebensjahren schwere Him- processe (meningeale Hyperämien und encephalitische Processe, spontan entstanden oder gelegentlich acuter Infektionskrankheiten aufgetreten), oder traumatische Schäd- lichkeiten, Rachitismus, zuweilen auch Onanie, störend in die Entwicklung des here- ditär disponirten oder auch nicht belasteten Gehirns eingriffen. Im Gebiet der vitalen Punktionen äussert sich die organische Belastung in