Geschichte der Rübe (Beta) als Kulturpflanze von den ältesten Zeiten an bis zum Erschienen von Achard's Hauptwerk (1809) : Festschrifts zum 75jährigen Bestande des Vereins der deutschen Zuckerindustrie / von Prof. Dr. Edmund O. von Lippmann.
- Edmund Oscar von Lippmann
- Date:
- 1925
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Credit: Geschichte der Rübe (Beta) als Kulturpflanze von den ältesten Zeiten an bis zum Erschienen von Achard's Hauptwerk (1809) : Festschrifts zum 75jährigen Bestande des Vereins der deutschen Zuckerindustrie / von Prof. Dr. Edmund O. von Lippmann. Source: Wellcome Collection.
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![phanes auch, wo er in den „Acharnern“ den Tragiker Euripides ver¬ spottet, dessen Mutter bekanntlich eine Gemüsehändlerin war, ihm ,,Mangold aus seinem Muttererbe“ abfordern läßt, denn in den frag¬ lichen Versen ist nicht von Rüben die Rede, sondern von Kerbel (Anthris- cus cerefolium); dagegen berichtet der Komödiendichter Kratinos, ein vielleicht etwas älterer Zeitgenosse des Aristophahes, in einem Frag¬ mente seines Stückes „Die Tiere“ von einer Art Schlaraffenland, in dem sich u. a. „die Rüben von selbst kochen“1). Die Kommentatoren bemerken zu diesen Stellen, daß die Rübe (osvtXov, Sektion; attisch tevtXov, Teütlon) in Athen eine alltägliche Marktware vorstellte, und daß man sowohl die Blätter als die Wurzeln zu verzehren pflegte; sic zählte zum gewöhnlichen Gemüse, dessen Sammelname Xdyavov war (Lächanon, von Xaya'ivo), lachäino = hacken, graben) und das auf dem Grünzeugmarkte (rä Xäyava, ta lächana = die Gemüse) verkauft wurde2). Diese Angaben gründen sich anscheinend nicht auf bestimmte Unterlagen aus früherer Zeit, sondern teils auf die soeben angeführten selbst, teils auf solche jüngerer Herkunft, die man auch als für die Vergangenheit oder Halb Vergangenheit zutreffend ansah, und das wohl nicht mit Unrecht. 8. Woher der Name oevrXov (Sektion) oder tevtXov (Teutlon) rührt, ist etymologisch noch ganz unsicher; nach freundlicher Aus¬ kunft von Herrn Prof. Dr. Fr. Specht in Halle läßt er sich an keine griechische Wurzel anknüpfen und geht vielleicht auf ein Fremdwort zurück, wie das bei vielen griechischen Bezeichnungen von Pflanzen der Fall ist, zumeist allerdings solcher, die dem ägäi- schen Kulturkreise entstammen. Daß aber die Rübe unter jenem Na¬ men im 5. Jahrhundert schon eine wohlbekannte und seit langem gezüchtete Kulturpflanze war, lassen obige Anspielungen ohne allen Zweifel ersehen. 9. In Übereinstimmung hiermit steht die ausgedehnte Rolle, die die Rübe (xevxäov) in den hippokratischen Schriften spielt. Der hochberühmte Arzt Hippokrates (460—377?), der allerdings (einem weitverbreiteten Glauben entgegen) nicht am Anfänge der griechischen Medizin steht, sondern ihre ältere Entwicklungszeit abschließt, übte in praktischer Hinsicht hervorragenden Einfluß durch sein Festhalten an der Erfahrung als Grundlage allen Wissens und in theoretischer durch die Aufstellung der vier „Säfte“ (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle), deren Beschaffenheiten und Mengen er als ausschlaggebend für Gesundheit und Krankheit ansah. Wir wissen nur sehr weniges über den persönlichen Anteil, der ihm an den mannigfaltigen Abhandlungen ]) Kudriaffsky: Die historische Küche, 8. 44. Wien 1880. 2) Wittmack : a. a. 0. Vgl. das lateinische Olus = Gewächs, von oleo - wachsen, insbesondere Küchengewächs, Kohl.](https://iiif.wellcomecollection.org/image/b29980148_0018.jp2/full/800%2C/0/default.jpg)