Die Physiologie des Lesens und Schreibens / von Émile Javal ; Autorisierte Übersetzung nach der 2. Auflage des orginals nebst Anhang über deutsche Schrift und Stenographie von Dr. med. F. Haass.

  • Javal, Émile, 1839-1907.
Date:
1907
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Credit: Die Physiologie des Lesens und Schreibens / von Émile Javal ; Autorisierte Übersetzung nach der 2. Auflage des orginals nebst Anhang über deutsche Schrift und Stenographie von Dr. med. F. Haass. Source: Wellcome Collection.

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    Es ist daher für die Geschichte der Stenographie von der grössten Bedeutung, dass sich drei Gahelsbergianer, Schrey in Berlin, Socin in Basel und Johnen in meiner Vaterstadt Viersen, zusammentaten, und die Gabelsbergersche und Stolzesche Stenographie zu einem neuen System, der ver- einfachten Stenographie, zu verschmelzen suchten, die nur das Wertvolle und praktisch Brauchbare dieser beiden grossen Systeme enthielt. Dies gelang in einer ganz hervor- ragenden Weise, so dass das neue System sich schon nach kurzer Zeit den beiden älteren ebenbürtig an die Seite stellen konnte. Damit war indessen leider die oft recht gehässige Zänke- rei unter den Stenographen noch lange nicht beseitigt, son- dern zu den schon vorhandenen Parteien schien nur noch eine neue hinzugekommen zu sein. Indessen machte sich in stenographischen Kreisen denn doch allgemach eine gewisse Kampfesmüdigkeit bemerkbar, und andererseits erkannte man auch wohl allgemein, dass in dem neuen System wirk- lich etwas ganz vorzügliches geschaffen worden war, das wohl manchen Anhänger der alten Schulen zum Uebertritt gereizt haben mag. So fand denn die anlässlich der Feier des hundertjährigen Bestehens der deutschen Stenographie 1896 in Bonn von Dr. Johnen ausgehende Anregung zur Einigung einen solch begeisterten Anklang, dass sich die Stolzesche, Schreysche und verschiedene kleinere Schulen zu dem sogenannten Einigungssystem Stolze-Schrey, zur vereinfachten deutschen Kurzschrift, zusammenschlössen. Somit bestehen zur Zeit in Deutschland nur noch zwei grosse Rivalen : Gabelsberger und die vereinfachte deutsche Kurzschrift. Da es nach meiner Ueberzeugung nicht anders sein kann, als dass das letztere System in absehbarer Zeit die «deutsche» Kurzschrift werden wird, so beschränke ich mich in den folgenden physiologischen Erwägungen aus- schliesslich auf diese. Bevor ich jedoch in den Versuch einer Erörterung der Physiologie der Stenographie eintrete, möchte ich mit allem Nachdruck einen Punkt hervorheben, dessen Vernach- lässigung meiner Ansicht nach zum grössten Teil die Schuld daran trägt, dass die Stenographie heute noch nicht in dem Masse Allgemeingut aller derer geworden ist, die unter der Last des täglichen Schreibwerkes seufzen, wie sie es ver-