Geschichte der Medizin. Eröffnungsbericht / Paul Diepgen.

Diepgen, Paul, 1878-1966.

Date:: 1913

Catalogue details

Licence: In copyright

Credit: Geschichte der Medizin. Eröffnungsbericht / Paul Diepgen. Source: Wellcome Collection.

7/20 (page 469)

Über ihn wie über die in Ägypten besonders entwickelte Parfüm¬ industrie, den Handel mit verschiedenen Gewürzen und Drogen, den zu kultischen, magischen und medizinischen Zwecken ver¬ wendeten Räuchermitteln, den in der Technik und beim Einbalsa¬ mieren benötigten Natronsalzen, Asphalt und Alaun, wird manche neue Auskunft erteilt. Die Einrichtung und Sitte des Bades hat Sudhoff1) für das ältere Griechentum an der Hand von Vasen¬ bildern und anderen Überresten untersucht und einen lebendigen Einblick in den Betrieb des privaten und öffentlichen Badelebens mit allen seinen Unterarten (Fußbad, Waschung des ganzen Kör¬ pers am Badetisch, Sitzwannenbad, Dusch- und Schwimmbad) ge¬ geben. Im hellenistischen Ägypten spielt sich das Badeleben haupt¬ sächlich in den öffentlichen Bädern ab. Ihre Unterhaltung ist viel¬ fach, ganz oder teilweise, die Aufgabe freiwilliger Spenden und Stiftungen, was sich schließlich durch übermäßige Belastung der Gutsituierten zu einem solchen Mißstand entwickelte, daß man auf dem Verordnungswege dagegen einschritt. Schon in frühptole- mäischer Zeit wurde für die Benutzung öffentlicher Bäder eine besondere Steuer erhoben. Vom Badepersonal werden der Bade¬ meister, der Garderobier und der männliche Badediener eines Frauenbades erwähnt. Einzelne Schriftstücke verraten ein stark sinnliches Liebesieben. Die Dirne war nicht nur in den Städten, sondern auch in den Dörfern im ersten nachchristlichen Jahrhun¬ dert besteuert. Aus der Zeit der makedonischen Okkupierung liegen Akten über das kaufmännisch geordnete Übergehen einer Soldaten¬ dirne von einer Hand in die andere vor, das wie beim Sklaven- handel um bestimmten Preis erfolgte. Beim Sklavenkauf gelten Aussatz und Epilepsie, bei weiblichen Sklaven aber auch habi¬ tueller Abort und habituelle Frühgeburt als Fehler, welche bei ihrem späteren Hervortreten den Kauf rückgängig machen. Auch sonst wird auf den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Le¬ bens in teilweise ganz modern anmutender Weise die Krankheit berücksichtigt (Krankheitsatteste, gerichtsärztliche Zeugnisse, Bescheinigung der Militäruntauglichkeit u. a. m.). An den Papyri über Ehe, Eheverträge, Scheidung und Heiratsgut interessiert be¬ sonders die, auch für eine Art Zeitehe vorgesehene, Bestimmung, daß im Scheidungsfall der frühere Ehegatte noch gehalten sein soll, der schwangeren Frau für die Zeit der späteren Niederkunft und des Wochenbettes eine Verpflegungssumme auszuzahlen. Die Ver- l) Aus dem antiken Badewesen. Medizinisch-kulturgeschichtliche Studien an Vasenbildern. — Aus dem antiken Badewesen II. Weitere medi¬ zinisch-archäologische Untersuchungen. Berlin. Allgemeine medizinische Verlagsanstalt. 1910. M. 2,— und M. 1,20.